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Rote Liste und Verzeichnis der Schmetterlinge Baden-Württembergs 2025
Ein Beispiel für in Baden-Württemberg ausgestorbene Sorten ist der Glockenblumen-Scheckenfalter (Melitaea phoebe). Quelle: Robert Trusch
In einer gemeinsamen Pressemitteilung haben das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe und die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg Mitte Mai das Erscheinen der neuesten Fassung der Roten Liste Schmetterlinge Baden-Württemberg mitgeteilt.
Die neueste 4. Fassung der Roten Liste 2025 zeigt deutliche Veränderungen zur Fassung aus dem Jahr 2005 auf. Bei den Großschmetterlingen werden 50,4 Prozent als gefährdet und nur 32,5 Prozent als ungefährdet aufgeführt. Auch die Zünsler werden mit 38,6 Prozent als gefährdet eingestuft. Als Basis für die Bewertungen liegen 1,8 Millionen Datensätze zugrunde, in denen 1.353 Arten ausgewertet werden.
Die Gruppe der Schmetterlinge ist sehr artenreich und zählt aber gleichzeitig wegen der hohen Zahl der gefährdeten Arten zu den am stärksten bedrohten Tiergruppen im Land. Weil sich darunter viele auffallende und dekorative Arten befinden, wird deren Verschwinden und somit das Insektensterben besonders sichtbar, wie Dr. Ulrich Maurer, Präsident der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), bei der Veröffentlichung der neuesten Fassung der Roten Liste besonders hervorgehoben hatte.
Als Datengrundlage dienen über 1,8 Millionen Datensätze (Artenachweise), die in der vom Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK) betreuten Landesdatenbank Schmetterlinge Baden-Württembergs zur Verfügung stehen. Laut Aussage von Dr. Robert Trusch, Kurator der Schmetterlingssammlung am SMNK, hat sich die Datengrundlage seit der vorherigen Fassung aus dem Jahr 2005 vor allem aufgrund ehrenamtlicher Arbeit mehr als verdreifacht. Auf dieser Grundlage konnten neben den Großschmetterlingen erstmals seit 1979 auch die 209 für das Land nachgewiesenen Zünslerarten eingestuft werden, welche früher den Kleinschmetterlingen zugeordnet wurden.
Im Vergleich mit der Fassung der Roten Liste von 2005 fällt besonders der starke Anstieg der gefährdeten Großschmetterlinge auf. Der Anteil der gefährdeten Arten hat in den 20 Jahren um 16,8 % zugenommen. Besonders die Kategorie "vom Aussterben bedroht " (RL 1) und "stark gefährdet" (RL 2) sind seit 2005 deutlich erhöht. Als ungefährdet gelten derzeit nur noch ein Drittel.
Die Schmetterlinge sind unverzichtbar für den Erhalt der biologischen Vielfalt, da sie aufgrund ihres Artenreichtums und ihrer Anpassung an fast alle Lebensräume eine wichtige Funktion als Bestäuber haben und Nahrungsgrundlage für andere Arten sind!
Die Hauptursachen für die negativen Entwicklungen liegen in den immer weniger vorhanden Biotopen und in der intensiven Landnutzung. Ein Großteil der Schmetterlinge ist auf bestimmte bestimmte Lebensräume und Nahrungspflanzen spezialisiert, wobei beides sowohl den Ansprüchen der Raupen als auch der Falter genügen muss. Dabei sind viele Arten auf Bedingungen angewiesen, die sie nur in seltenen und häufig sehr kleinen Biotopen wie Magerrasen, Mooren oder Nasswiesen finden. Zusätzlicher Druck wird durch Veränderungen der Lebensraumqualität durch Gehölzaufwuchs, Stickstoff- und Pestizideinträge oder durch Aufgabe der gewohnten Bewirtschaftung auf die Arten ausgeübt.
Doch es gibt Verlierer, Gewinner und Wiederentdeckte. Die Biotopspezialisten Flockenblumen-Scheckenfalter (siehe in unserem Artenportrait aus dem Jahr 2014) und der Küchenschellen-Waldrebenspanner sind Bewohner von Halbtrocken- bzw. Trockenrasen in Weinberglagen zählen wohl leider zu den mittlerweile ausgestorbenen Arten.
Zu den ungefährdeten Arten, die weniger anspruchsvoll und wärmeliebend sind, gehören der Karstweißling und die Dunkelbraune Brombeereule. Sie konnten ausgrund des des Klimawandels wieder neu nachen Baden-Württemberg einwandern und bereiten sich aktuell rasch aus.
Arten, die noch in 2005 als ausgestorben galten und derzeit wieder gefunden werden, machen Hoffnung. Dazu zählt die Hofdame, ein Bärenspinner der 2019 auf der Schwäbischen Alb wiederentdeckt und seither mehrfach bestätigt wurde.
Im Gegensatz zu dem Schäden in Gärten verursachenden, invaliden Buchsbaumzünsler sind die meisten heimischen Zünsler wenig bekannt, wie der aus den meisten Großlandschaften Baden-Württembergs nachgewiesene, aber stark gefährdete (RL 2) Schwarz-weiße Fleckenzünsler (Anania funebris). Quelle: Robert Trusch
Doch wie können gefährdete Arten gesichert werden?
Dass Massnahmen wie sie im Rahmen des Artenschutzprogramms des Landes seit 1993 für alle Schmetterlinge durchgeführt werden zum Schutz einzelner Populationen wirksam sind, zeigt die aktuelle Fassung der Roten Liste. So konnte der Fortbestand des stark gefährdeten Enzian-Ameisenbläulings in der Umgebung von Gültlingen mittels Beweidung durch Schafe (!) gesichert werden.
Da viele gefährdete Schmetterlingsarten inzwischen nur noch in Naturschutzgebieten zu finden sind, kommt diesen Gebieten eine zentrale Rolle für den Erhalt der Schmetterlingsvielfalt zu.
Dr. Robert Trusch fordert deshalb:
"Neben einer optimalen Pflege braucht es weiträumige Pufferbereiche um diese Gebiete. So können schädliche Einträge von Stickstoff und Pestiziden verhindert werden. Damit beitet sich die Chance auf eine Wiederbesiedelung der Kulturlandschaft mit den in den Naturschutzgebieten vorhandenen wertvollen Arten."
Hintergrundinformationen zur Roten Liste 2025:
Ein sogenanntes Rote-Liste-Team bestehend aus 12 Personen hat im Auftrag der LUBW mit großem Aufwand fast 2 Milli0onen Funddaten ausgewertet. Als Quellen wurden zahlreiche Erhebungen aus verschiedenen Projekten sowie von ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierern verwendet, deren Daten u.a. über die Landesdatenbank Schmetterlinge Baden-Württembergs gesammelt wurden. Um vorhande Datenlücken zu schließen wurden zusätzlich im Rahmen der Erstellung der Roten Liste gezielte Kartierungen durchgeführt.
Der Dukaten-Feuuerfalter (Lycaena virgaureae) wird aufgrund kontinuierlicher Arealverluste in der neuen Roten Liste als vom Aussterben bedroht (RL 1) geführt. Quelle: Axel Steiner
Vollständige Titelangabe:
Steiner, A. & R. Trusch (2025): Rote Liste und Verzeichnis der Schmetterlinge Baden-Württembergs. IUnter Mitarbeit von T. Bamann, D. Bartsch, S. Hafner, G. Hermann, A. Hofmann, O. Karbiener, J.-U. Meineke, R. Mörtter, E. Rennwald & R. Schick. -
4. Fassung, Stand 31.12.2023. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 18, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, Karlsruhe, 156 S.
Publikationsdienst der LUBW: Rote Liste und Verzeichnis der Schmetterlinge Baden-Württembergs
Die vorliegende Publikation ist die Fortführung der "Roten Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung)" aus dem Jahr 2005. Diese ersetzt die 20 Jahre lang gültige Fassung. Die neue Rote Liste umfasst 1.353 im Nald etablierte Arten. In der Publikation werden Faunenlisten, Gefährdungssituation und Verbreitung ausgewählter Artren auf dem aktuellsten Kenntnisstand dargestellt. Dabei werden neue Erkenntnisse zu Taxonomie und Ökologie berücksichtigt.
Die 4. Fassung der Roten Liste steht als kostenlose PDF-Datei zum Herunterladen im Publikationsdienst der LUBW bereit oder ist in der gedruckten Fassung für 18,00 EUR zzgl. Versand dort zu erwerben.
Für Rückfragen sind die Pressestellen der LUBW pressestelle@lubw.bwl.de oder des SMNK presse@smnk.de zuständig.







Buchbesprechung: Flatterhafte Schönheiten von Sybille Przybilla
Buch "Flatterhafte Schoenheiten" von Sybille Przybilla / Photo @ dieSchmetterlinge.com
Es ist schon einige Zeit vergangen seit der Veröffentlichung meiner letzten Buchbesprechung. Doch heute stelle ich ein ganz besonderes Werk über die Schmetterlinge im Allgemeinen und über die Bläulinge (Lycaenidae) im Besonderen vor. Das Werk der Schmetterlingskennerin und ausgeprägten Schmetterlings-Freundin Sybille Przybilla "Flatterhafte Schönheiten" ist 2019 erschienen und bietet eine Fülle an Informationen, Sachkenntnis und Wissen in Text und vor allem in Fotos. Es ist ein "Muss-man-Haben-Buch" für jeden Bläulings- bzw. Schmetterlings-Fan und wird dauerhaft in Erinnerung bleiben.
Viel Herzblut, Erfahrung, Sachkenntnis und Wissen hat Sybille Przybilla in die Texte und die Fotos ihres Werkes gesteckt. Dabei ist ein Fach-, Sachbuch und Bildband gleichermaßen entstanden, das den Leserinnen/den Lesern ausführliche Fakten und Informationen über Bläulinge und Schmetterlinge leicht verständlich und interessant vermittelt, ohne sich dabei in allzu wissenschaftlichen Ausführungen zu verlieren. Hilfreich ist sicherlich dabei die inhaltliche Aufteilung, die sich von den Entwicklungsstadien über die verschiedenen Bläulingsarten bis zu Sonderthemen wie die Entstehung der wissenschaftlichen Namen, die Flügelfärbung, die Flügelentwicklung und Flügelentfaltung, die Nahrungsquellen der Schmetterlinge, Myrmekophilie (Bindung einer Art an Ameisen), Tarnen und Täuschen, das Ei, die Entstehung der Strukturfarben, der Kopf, Hormone und Häutung, Duftschuppen und Dufthaarbüschel erstreckt. Ein ausführliches Register zu den Falternamen und den Raupennahrungspflanzen runden das Werk von Sybille Przybilla ab, das eine "Bildexplosion" mit mehr als 800 Fotos ist. Dabei ist zu betonen, dass von diesen vielen Fotos einige die zauberhaften Zeichnungen der Nahrungspflanzen der Bläulinge zeigen, die von Sybille Przybilla selbst angefertigt wurden.
Blick ins Buch "Flatterhafte Schoenheiten" von Sybille Przybilla / Photo @ dieSchmetterlinge.com
Fachkundige wissenschaftliche Unterstützung hat die Autorin Sybille Przybilla sowohl beratend als auch in Form von Fotomaterial und Sammlungstieren von Schmetterlingsfachleuten wie z.B. Dr. Robert Trusch und Michael Falkenberg vom Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe und z. B. von Dr. Hossein Rajaei und Dr. Joachim Holstein vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart und von erfahrenen Schmetterlingskundlerinnen / Schmetterlingskundlern wie z. B. Axel Steiner, Tina Schulz und Walter Schön erhalten.
Das dekorative Buch ist hochwertig gebunden, mit Hardcover ausgestattet, entsprechend dem Themeninhalt farblich abgestimmt und im ansprechenden Design. Es wurde im DIN A 4 Querformat vom erfahrenen Druck- und Medienhaus Offizin Scheufele, Stuttgart hergestellt.
Mein Fazit
"Flatterhafte Schönheiten" ist ein interessantes Fach- und Sachbuch und ein Bildband mit wunderschönen zahlreichen Farbfotos in allen Größen über Bläulinge und Schmetterlinge im Allgemeinen. Der Autorin und Bläulings-Freundin Sybille Przybilla gelingt es die Leser und Betrachter für ihre Lieblingsschmetterlinge die Bläulinge zu begeistern und auf eine gut leserliche Art und Weise Informationen über die Schmetterlinge zu vermitteln. Man sollte sich die Zeit nehmen, Muße haben und sich auf das Buch einlassen, um den gesamten Inhalt zu erfassen.
Wer bisher noch kein Bläuling-Fan ist, wird es sicherlich nach dem Lesen und Betrachten des Buches "Flatterhafte Schönheiten" sein.
Eine gute Gelegenheit, die Autorin Sybille Przybilla persönlich zu treffen und kennenzulernen, gibt es am 18. April 2024 um 19:00 h im Kulturtreff Waldbronn. Dort zeigt Sie einen Bildvortrag mit dem Titel "Lebenskünstler Schmetterling".
Blick ins Buch "Flatterhafte Schoenheiten" von Sybille Przybilla / Photo @ dieSchmetterlinge.com
Fakten zum Buch
Buchtitel: Flatterhafte Schönheiten - Lebensweise und Entwicklung von Bläulingen und anderen Schmetterlingen
Autorin: Sybille Przybilla
ISBN: 978-3-00-062490-2
Herausgeber: Axel Steiner, Pfinztal
Erschienen: 2019
Sprache: Deutsch
Seiten: 216, gebunden, Hardcover
Größe: 21 cm x 16,5 cm
Bezugsquelle: www.flatterhafte-schoenheiten.de
Preis: 29,95 Euro
"Wehrlis Gletscherspanner" nach mehr als 80 Jahren wiederentdeckt
A01_Gletscherspanner: Das erste, nach 86 Jahren von der Ortlergruppe durch Michael Falkenberg gefundene Exemplar von "Wehrlis Gletscherspanner". @ Robert Trusch SMNK
Den ehrenamtlichen und hauptberuflichen Schmetterlingsforschern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ist eine großartige Beobachtung im Nationalpark Stilfzer Joch gelungen. Nach 86 Jahren konnten die Forschenden die verschollene Art des "Wehrlis Gletscherspanners" (Psodos wehrlii _Vorbrodt, 1918) in Südtirol wiederentdecken. Ein toller Erfolg.
Der "Wehrlis Gletscherspanner" (Psodos wehrlii _Vorbrodt, 1918) ist die einzige Alpen-Schmetterlingsart die über der Schneegrenze leben und dort vollständig die Entwicklung vollzieht. Entgegen der Befürchtung seit 1850 durch Klimaerwärmung und Rückgang von mehr als der Hälfte der Alpengletscher, dass diese Schmetterlingsart in Südtirol verschwunden sein könnte, entdeckte die internationale Gruppe von Fachleuten um Dr. Robert Trusch vom Naturkundemuseum Karlsruhe in Juli 2021 in der Ortler-Cevedale Gruppe an einem Grat über einem Schneefeld.
Ermöglicht wurde der Fund der Forschergruppe am dritten Tag der aufwendigen Suche mit organisatorischer Unterstützung von Prof. Dr. Gerhard Tarmann von den Tiroler Landesmuseen und mit tatkrägftiger Unterstützung der Bergwacht Sulden. Die zuständigen Stellen des Nationalparks Stilfzer Joch hatten zuvor die für die Forschungen erfolderlichen Genehmigungen erteilt.
Da noch viele Unklarheiten über die Nahrungspflanzen der Raupen, über die Entwicklungszeiten vom Ei bis zum Falter und über die jährliche Präsenz des Tagfalters im untersuchten Areal bestehen, besteht noch weiterer Forschungsbedarf.
A02_Gletscherspanner: Ein Exemplar von "Wehrlis Gletscherspanner". @ Franz Pühringer & Norbert Böll
A03_Forschungsgruppe: Internationale Gruppe von Schmetterlingskundlern (Lepidopterologen), v..l.n.r. Hans-Ueli Gründer und Yvonne Bleicher Gründer (CH), Norbert Pöll und Franz Pühringer (A), Robert Trusch, Martin Sauter und Michael Falkenberg (D)
Kontakt:
Dr. Robert Trusch:
Kurator Lepidoptera, Staatlliches Museum für Naturkunde Karlsruhe, Referat Entomologie / Erbprinzenstraße 13 / 76133 Karlsruhe, Deutschland / Tel: +49 (0)721-175-2842 / E-Mail: trusch@smnk.de
Prof. Dr. Gerhard Tarmann:
Tiroler Landesmuseen Beztriebsges. m.b.H., SAmmlungs- und Forschungszentrum, Naturwissenschaftliche Sammlungen / Krajnc-Straße 1 / 6060 Hall in Tirol, Österreich / Te: +43 699 17345919 / E-Mail: g.tarmann@tiroler-landesmuseen.at
Weitere Mitglieder der Forschergruppe:
- Michael Falkenberg, Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe, Deutschland
- Martin Sauter, Universität Hohenheim, Stuttgart, Deutschland
- Norbert Pöll, Bad Ischl, Österreich
- Dr. Franz Pühringer, St. Konrad, Österreich
- Hans-Ueli Grunder und Yvonne Bleiker-Grunder, Sta. Maria Val Müstair, Schweiz